Engel: Für die einen bedeutet das erfahrbare Wirklichkeit, für die anderen bleiben es esoterische Hirngespinste. Im biblischen Sinne sind es die Boten Gottes, sichtbare oder auch unsichtbare Verbindung zwischen Gott und den Menschen.
16 Engel finden Sie an der Empore der St. Andreas-Kirche Ashausen, geschaffen von der Künstlerin und Theologin Petra I. Grünig. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahre in beiden Fachrichtungen mit Engeln.
Ihrer intensiven Forschung ist es zu verdanken, dass die himmlischen Boten jetzt nicht nur namentlich bekannt sind, sondern auch jedem einzelnen eine besondere Aufgabe zugewiesen wird. Gemeinsam ist den 16 in Fresko-Technik gestalteten Bildern die Grundform der Engel, nämlich das Tav, der letzte Buchstabe des hebräischen Alphabets (das griechische Tau), was übersetzt Tor oder Kreuz bedeutet und auf der Grenze zwischen geschaffener und ungeschaffener Welt steht.
Diese Grundform jedoch entwickelt bei jedem Engel ihre eigene Dynamik, so dass kein Engel dem anderen gleicht. Weiterhin zeigt jeder seine eigene Individualität durch unterschiedliche Farbgebung und die verschiedene Beigaben, die wiederum oft ihren persönlichen Bezug zu einem bestimmten Ort haben. So stammen z.B. Naturalien wie Sand, Steine oder kleine Fundstücke von der Insel Patmos,dem Ort, an dem Johannes die Offenbarung niederschrieb.
An sieben Gemeinden zu schreiben wurde Johannes einst beauftragt: „Schreibe an den Engel der Gemeinde von...“ (Off. 2 u.3) - an diesen sieben Engeln begann Petra I.Grünig zuerst zu arbeiten.
Bei der geistigen und künstlerischen Beschäftigung mit eben diesen sieben Engeln stellte sich für sie heraus, dass jeder dieser Engel auch noch einen Gegenspieler hat: wie das Einatmen nicht ohne das Ausatmen zu denken ist, so gehört z.B. zum Engel Raguel (= Gott ist mein Hirte, Freund) der Schetiel (= Gott ist meine Abwehr). Den Engeln mit dem lichten Aspekt Gottes stehen die sieben Engel mit den Zornesschalen (Off 16) gegenüber. So geht diese Auffassung von Engeln weit über unsere landläufige Vorstellung von lieblichen Schutzengeln und schönen Weihnachtsengeln hinaus.
Beide Gruppen werden begleitet von „Rahmenengeln“, die ihnen gewissermaßen das Thema vorgeben: Gott sendet aus – Gott sammelt ein. Zu unserem Schutz, zu unserer Hilfe, zur mutigen Gestaltung unseres Lebens brauchen wir sie alle. Die Gewissheit ihrer Anwesenheit gibt uns die Sicherheit einer Verbindung zum Göttlichen in uns; Gottes Anwesenheit in uns wird deutlich, wird sichtbar, erfahrbar.
Die Betrachtung der Engel in unserer Kirche – nah bei uns und doch über uns – lässt das in wunderbarer Weise spürbar werden.
A. Brecklinghaus